Eine Freundschaft von der Donauquelle bis zur Donaumündung
Ein Memorandum der Freundschaft schlossen die Donauquellstadt Furtwangen und die Stadt an der ukrainischen Donaumündung Wylkowe im Rahmen einer vom 8. bis zum 11. November dauernden Anbahnungsreise einer Furtwanger Delegation. Die von Bürgermeister Josef Herdner angeführte und weiter aus den Gemeinderäten Heinz Guhl, Rainer Jung, Wolfgang Kern, Thomas Riesle, Norbert Staudt und Roland Thurner sowie Hauptamtsleiter Marcel Schneider bestehende Delegation erhielt nach ihrer Ankunft in der Schwarzmeermetropole Odessa im dortigen Bayerischen Haus zunächst einen kurzen Abriss über die Entwicklung der Ukraine. Vorstand Karl Walter, der Initiator der Anbahnung, und Direktorin Maria Degtjarenko gaben Einblicke in die Geschichte und aktuelle Situation der Ukraine sowie einen Überblick über das umfangreiche Wirken des bayerischen Hauses als Wohltätigkeitsfonds.
Anschließend fuhr die Delegation per Bus nach Wylkowe, um die Bevölkerung und die Stadt kennenzulernen. Mit großer Herzlichkeit und Gastfreundschaft wurde die Delegation vom neu gewählten Bürgermeister Mykola Dzjadzin und dessen Deputierten empfangen. Die Stadt im Donaudelta, von den Einheimischen auch liebevoll als „ukrainisches Venedig“ bezeichnet, wurde Ende des 18. Jahrhunderts von aus Russland vertriebenen „Altgläubigen“, sog. Lipowanern, gegründet, die in den Sümpfen des Donaudeltas Zuflucht gesucht hatten. Heute ist Wylkowe eine kleine Stadt mit ca. 10.000 Einwohnern, direkt an der Donau und der rumänischen Grenze liegend. Fischfang, Fischkonservierung, Landwirtschaft mit Anbau von „bestem Gemüse und Früchten“, Bootsbau, einem kleinen Hafen und das Bemühen um Ökotourismus sind die Existenzgrundlagen für eine nicht von Reichtum bescherte Bevölkerung.
Im Rahmen eines „Runden Tisches“ wurden die Besonderheiten und Gemeinsamkeiten beider Städte vertieft. Schnell zeigte sich, dass die oftmals auftretende Konkurrenz von Ökonomie und Ökologie sowohl in Furtwangen als auch in Wylkowe eine besondere Rolle spielt. Insbesondere bei Dzjadza waren schwere Sorgen herauszuhören: „die Donau macht uns nicht nur Freude, sondern auch große Probleme. Es ist schön in einem weltweit bekannten UNESCO – Schutzgebiet zu leben. Der Bedarf an einer ökonomisch erfolgreichen Entwicklung sei aber sehr, sehr groß und stehe oftmals in direktem Konflikt zu den ökologischen Auflagen im Schutzgebiet.“ Herdner dankte den Gastgebern um Dzjadzin für deren herzliche Aufnahme und sprach sogleich eine Gegeneinladung für das kommende Jahr aus. „Es ist trotz der enormen infrastrukturellen, wirtschaftlichen Unterschiede offenkundig, dass beide Städte viel voneinander lernen können“, so Herdner. Große Bedeutung maß daher auch der von der Oblastverwaltung (der Landesebene) eigens angereiste Verwaltungsleiter für Internationale Beziehungen, Dr. Jurij Maslow, dem Besuch aus Furtwangen bei. Dieser sei für die Bevölkerung ein „Mut machendes Signal auf dem Weg zur Integration in die Europäische Union und dem Bemühen um westeuropäische Lebensverhältnisse“.
Höhepunkt: Fahrt zum Nullkilometer mit anschließender Unterzeichnung des Memorandums
Höhepunkt der Anbahnungsreise war zweifelsohne die Fahrt zum Nullkilometer der Donau. Diese verzweigt sich, bevor sie die letzten Kilometer zum Schwarzen Meer überwindet, in einem fast 5000 Quadratkilometer großen Mündungsdelta, das von der UNESCO zum „Biosphärenreservat“ erklärt wurde. Mit seinen vielen flachen Süßwasserseen, schwimmenden Inseln und seiner üppigen Vegetation ist es Heimat von mehr als 100 Vogelarten. Am Ziel angekommen reichten sich Dziadzin und Herdner kurz entschlossen die Hand durch die Null des Null-Kilometersteins und versprachen sich, die Freundschaft zwischen den Menschen ihrer Städte zu fördern. Für Herdner ein „ein tief bewegender Moment, in dem sich die Bedeutung der Donau als Brücke zwischen unseren immerhin 2.880km entfernten Städten, aber auch den Völkern entlang des Flusses widerspiegelte“. Abgerundet wurde dieser Höhepunkt mit der Unterzeichnung eines Memorandums der Freundschaft, mit dem die „Tür für weitere Maßnahmen“ geöffnet wurde. „Ein solches Memorandum gerade mit der Stadt an der Donauquelle zu schließen, ist für mich und die Einwohner Wylkowes eine unglaublich große Freude“, zeigte sich Dzjadzin hiernach glücklich.
Für den letzten Abend der Delegationsreise in Odessa hatte das Bayerische Haus zum Abschluss einen Empfang organisiert, bei dem der stellvertretende Vorsitzende der Oblast-Deputierten, Yurij Dimchoglo den Besuch als einen Beitrag zum „Bau des Hauses Europa“ gewürdigt. „Diese Reise war ein eindrucksvolles Erlebnis, das im nächsten Jahr mit dem Gegenbesuch seine Fortsetzung finden wird“, bilanzierte Walter, der die Reise gemeinsam mit Marcel Schneider koordiniert hatte, zufrieden.
Finanziell gefördert wurde die Anbahnungsreise von der Engagement Global gGmbH, einem im Auftrag der Bundesregierung arbeitenden und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanzierten Service für Entwicklungsinitiativen.